Artikel von Jens Dittmar - aktualisiert am 20. März 2011 - veröffentlicht am 31. Oktober 2009

Makrofotografie: Die Grundlagen

Autor: Jens Dittmar

Die Welt des „Kleinen“. Jeden Tag sehen wir sie, doch sehen wir wirklich hin? Meistens wohl eher nicht. Wir sehen eine Blumenwiese, manchmal sogar eine einzelne Blume auf der Wiese, aber bemerken wir die filigranen Formen der Blütenblätter? Diese Details bleiben oft vor unserem Auge verborgen. Solche Details und fast schon fremde Welten sichtbar zu machen ist das Anliegen der Makrofotografie.

Wenn man solch ein Makrofoto am Monitor oder z. B. als 45×30 cm Abzug (und somit deutlich größer als die Wirklichkeit) an der Wand betrachtet werden einem Details auffallen, die man sonst nie bemerkt hätte. Die feinen Details und was man so entdecken kann, das einem normalerweise entgeht, sind für mich der Reiz an der Makrofotografie in die ich im laufe der Artikelserie „Makrofotografie“ einen kleinen Einblick geben möchte.

Der große Vorteil der Makrofotografie ist, dass man sie fast überall betreiben kann und interessante Motive schon vor der Haustüre auf Einen warten. Gänseblümchen zum Beispiel können für Makrofotografen schon sehr interessant sein und die wachsen nun wirklich überall in den Vorgärten oder Parkanlagen. Auch im Bereich Stilleben und Heimstudio ist für den Makrofotografen vieles möglich ohne gleich einen ganzen Raum zum Studio auszubauen.

Grundlagen

Als Makrofotografie bezeichnet man im allgemeinen die Fotografie von Objekten mit einem Maßstab von ca. 1:5 bis 1:1 (bzw. auch bis 5:1). Der genaue Maßstab ab wann man von Makrofotografie spricht ist je nach Benutzergruppe etwas unterschiedlich definiert, die Norm DIN 19040 zum Beispiel fasst den Bereich der Makrofotografie etwas großzügiger mit 1:10 bis 10:1. Fakt ist aber je näher man an 1:1 (oder gar darüber hinaus) kommt, desto eher sprechen wir von Makrofotografie.

Eine gängige Definition ist, dass alles was kleiner als eine Postkarte ist und formatfüllend auf den Sensor gebracht wird als Makrofoto gezählt werden kann.

Eindringen in den Makrobereich

Mit normalen Objektiven ist das Eindringen in den Makrobereich meist nicht zu schaffen, daher bedarf es einiger spezieller Ausrüstung um in den Makrobereich vorzudringen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die auch ein unterschiedliches Budget voraussetzen.

Kompaktkameras haben heute meistens eine Makrofunktion die sehr große Maßstäbe erlaubt und oft einen Abstand von der Kamera bis zum Objekt von wenigen Zentimetern ermöglichen. Im Bereich der Spiegelreflexkameras gibt es Unmengen an unterschiedlichem Zubehör. Das geht von Nahlinsen zum Aufsetzen auf das Objektiv, über Zwischenringe, die zwischen Objektiv und Kamera geschraubt werden, weiter über Balgengeräte, die den gleichen Zweck erfüllen aber flexibler in der Länge sind bis hin zu speziell für den Anwendungszweck „Makro“ konstruierten Objektiven.

Für den Einstieg sind Nahlinsen sicherlich die kostengünstigste Lösung, im Folgenden beschäftigen wir uns aber ausschließlich mit Makro-Objektiven für Spiegelreflexkameras, da diese für den dauerhaften Einsatz sicherlich die erste Wahl sind.

Makroobjektive

Hier muss erst einmal mit einem gängigen Missverständnis aufgeräumt werden. Viele meinen, ein Makro-Objektiv mit einer größeren Brennweite (z. B. 150 mm Brennweite gegenüber 60 mm) würde einen größeren Abbildungsmaßstab mit sich bringen. Das ist schlicht und einfach FALSCH.

Mit der größeren Brennweite wächst der Arbeitsabstand, also der Abstand vom Sensor bis zum Motiv welches fotografiert werden soll. Gängige Makro-Objektive erreichen einen Abbildungsmaßstab von 1:1, egal ob es sich hierbei um ein 60 mm, ein 105 mm oder ein 150 mm Objektiv handelt. Der Unterschied ist lediglich der Abstand des Sensors zum Motiv (und natürlich der Bildwinkel, der bei zunehmender Brennweite immer enger wird).

Dies führt nun zu verschiedenen Anwendungsbereichen da z. B. 150 mm es ermöglicht Insekten aus einer größeren Distanz zu fotografieren und somit ein verscheuchen der Insekten zu reduzieren. Auf der anderen Seite ist 150 mm für Blumen- oder Pilzmakros oft schon etwas sehr lang so dass hier der große Abstand oft etwas stört weil oft nicht der Platz vorhanden ist um diesen Abstand einzuhalten.

Für den Einstieg in die Makrofotografie als empfehlenswert, vor allem wenn man sich nicht sicher ist in welcher Richtung man sich orientieren möchte oder auch einfach mehr Flexibilität wünscht, hat sich nach gängiger Meinung eine Brennweite um die 90 bis 105 mm herauskristallisiert.

Die hier gemachten Angaben beziehen sich im Übrigen auf Festbrennweiten. Zwar gibt es auch Zoom-Objektive mit „Makrofunktion“ aber diese erreichen üblicherweise nur einen Abbildungsmaßstab von 3:1 und kommen nicht an 1:1 (was von vielen als „echtes“ Makro bezeichnet wird) heran.

Stativ vs. frei Hand

Meistens ist für das Fotografieren im Makrobereich ein stabiles Stativ zu bevorzugen. Die Gründe hierfür sind zum Einen, dass im Makrobereich der Autofokus der Kameras meistens völlig überfordert ist und man somit die wenigen Millimeter oder gar nur Bruchteile eines Millimeters an Schärfentiefe sehr genau und von Hand bestimmen muss und zum Anderen weil man bei diesen großen Maßstäben sehr leicht verwackelt und zwar nicht nur in der Horizontalen oder Vertikalen sondern auch in der Tiefe (und somit die Schärfeebene verschiebt).

Dass es dennoch möglich ist Makrofotos frei Hand zu machen werde ich später im Bereich der Insektenfotografie zeigen. Meine Empfehlung ist allerdings so viel wie möglich mit Stativ zu arbeiten.

Die Kamera

Bei den Spiegelreflexkameras selbst gibt es auch einige Funktionen, die für die Makrofotografie sehr hilfreich sind, also bei einer Neuanschaffung durchaus berücksichtigt werden sollten.

Die Spiegelvorauslösung dürfte wohl die wichtigste Funktion einer Spiegelreflexkamera für den Makrobereich sein, da durch das Hochklappen des Spiegels beim Auslösen der Kamera diese in leichte Schwingungen versetzt wird und somit das Bild verwackeln kann, im Maßstabsbereich um die 1:1 wirken sich kleine Änderungen sehr stark aus. Die Spiegelvorauslösung bewirkt nun, dass der Spiegel hochgeklappt wird und dann erst nach einer kurzen Pause (in der sich die Kamera und das Stativ wieder beruhigen können) der Verschluss geöffnet und die Aufnahme gemacht wird.

Der LifeView ist ein umstrittenes Thema im Bereich der Spiegelreflexkameras. Im Makrobereich jedoch ist er sehr hilfreich da er es meistens auch ermöglicht in das Bild schon vor der Aufnahme hinein zu zoomen (je nach Kamera und Hersteller von 7x bis 15x Vergrößerung) und somit wesentlich feiner den Schärfeverlauf im Bild zu beurteilen bzw. festzulegen. Auch beim Arbeiten in Bodennähe ist er sehr hilfreich da man nicht immer die Möglichkeit hat noch durch den Sucher zu blicken. Steht ein LifeView nicht zur Verfügung empfiehlt sich auf jeden Fall die Verwendung eines Winkelsuchers mit Vergrößerung. Hier kann auch die Schärfentiefe besser bestimmt werden und durch den Winkel kann auch bodennah gearbeitet werden ohne sich das Genick auszurenken.

Weiteres Zubehör

Als weiteres nützliches Zubehör für den Makrobereich sind noch die folgenden Dinge zu nennen. Ein Faltreflektor/Diffusor hilft das Licht zu kontrollieren und zu lenken. Es gibt diese mit unterschiedlichen Durchmessern und durch die Faltbarkeit nehmen sie für den Transport nicht viel Platz weg. Auch die Kombination als 5er Paket ist sehr hilfreich, hierfür ist ein Diffusor in der Mitte und eine Hülle mit unterschiedlichen Flächen (schwarz, weiß, silber, gold) für verschiedene Qualitäten beim Reflektieren des Lichtes.

Alternativ oder zusätzlich kann man einen Durchlichtschirm aus dem Studiobereich verwenden. Er funktioniert wie ein Diffusor nur dass er die Form eines Schirmes hat und daher mehr Stabilität bietet. Auch die Handhabung größerer Schirme ist leichter als die größerer Diffusoren womit sich ein relativ großes Gebiet leicht abschatten lässt. Solch ein Schirm ist mit einem Durchmesser von ca. einem Meter schon um die € 25,- zu haben.

Ein Bohnensack dient bei bodennahen Aufnahmen als Stativersatz. Es gibt Bohnensäcke zu kaufen, die dann meist mit Granulat gefüllt sind, sie lassen sich aber auch einfach und kostengünstig selbst herstellen. Hierzu einfach 1 kg getrocknete Erbsen oder Bohnen in einen Gefrierbeutel geben und mit Klebeband verschließen. Die Bohnen oder Erbsen sollten sich noch etwas bewegen können so dass man den Sack in verschiedene Positionen bringen und die Form anpassen kann. Den ganzen  Beutel dann mit Paketklebeband umwickeln, so wird er widerstandsfähiger und hält länger.

Ein Kabelfernauslöser ist sehr hilfreich um die Kamera beim Betätigen des Auslösers noch weniger zu verwackeln und z. B. versehentliches verändern des Bildausschnittes zu vermeiden. Diese gibt es meist in einfachen Ausführungen von Fremdherstellern für ca. 15 bis 20 Euro.

Pflanzenklammern sind im wesentlichen Gelänkschläuche mit Klammern an beiden Enden. Es gibt sie fertig zu kaufen, man kann sie aber auch leicht selbst herstellen. Gelänkschläuche bzw. Kühlmittelschläuche gibt es in der Bucht als Meterware. An beiden Enden befestigt man Klammern aus dem Baumarkt und fertig ist die Pflanzenklammer. Sie werden verwendet um eine Blume trotz Wind in Position zu halten, störende Zweige bei Seite zu drücken oder um Ausrüstung wie Reflektoren in Position zu halten.

Ein Makroschlitten ist beim Arbeiten mit einem Stativ sehr hilfreich, da damit das Festlegen der Schärfenebene, die ja nur wenige Millimeter beträgt, sehr genau und in kleinen Schritten vorgenommen werden kann.

Eine Plastiktüte kann sehr hilfreich sein um sich darauf abzukniehen oder zu setzen wenn man bodennah arbeitet und der Boden vielleicht etwas feucht oder auch einfach nur dreckig ist. Allerdings muss man aufpassen dass die Tüte eine möglichst neutrale Farbe hat. Eine blaue Mülltüte beispielsweise kann sich unter ungünstigen Lichtsituationen im Chitinpanzer von Insekten als blauer Schimmer reflektieren und auf dem Foto verewigen.

Alle Beiträge der Serie „Makrofotografie”

Autor des Artikels: Jens Dittmar

Zum Fotografieren kam ich vor einigen Jahren, damals lag mein Hauptinteresse in der Landschaftsfotografie. Im Jahr 2008 entdeckte ich die Makrofotografie für mich und war fortan begeistert von der kleinen Welt überall um uns herum. 2009 habe ich neben der Makrofotografie auch sehr viel Peoplefotografie betrieben und mich mit der Lichtführung intensiver beschäftigt. Zu einem meiner ersten Fotos sagte mein Vater einmal: „Wer fotografiert, lernt sehen.“ Diesen Leitsatz sehe ich in allen Bereichen der Fotografie täglich bestätigt. In der Makrofotografie ist er allerdings am offensichtlichsten.

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